Montag, 25. Februar 2013

Trauerfeier und Beisetzung


Ja, wie soll ich anfangen, von diesen Stunden zu erzählen? Einerseits war es ein schöner und würdiger Abschied im Sinne von J., andererseits ist es so traurig, dass ich keine rechten Worte finden kann, die diese Situation treffend beschreiben würden.

Die Tage vorher waren schlimmer, als die Trauerfeier selbst, viel geweint habe ich an dem Abend, nachdem ich die Fotos geholt hatte und sie in meinem Wohnzimmer aufgestellt habe. Ich wollte eigentlich einen Film anschauen, doch ich habe andauernd weinen müssen und die Fotos haben mich magisch angezogen und mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen, als der Film dies vermochte.
Dadurch ist dann Angst entstanden, ob ich diesen Tag überhaupt durchstehe, Angst vor allen Leuten zusammenzubrechen, Angst, es nicht zu schaffen....
Glücklicherweise kam dann einen Tag vorher schon der erste Besuch aus den USA und ich war wieder abgelenkt. Auch war noch für Samstag einiges vorzubereiten und zu planen, weil ich an diesem Tag unser altes Haus leerräumen musste, da es nun endlich neue Besitzer gefunden hat.

Für die Beerdigung gab es ebenfalls viel vorzubereiten:
Ich hatte schöne Kieselsteine gesucht, gewaschen und mit J. ganzem Namen beschrieben, so hatte ich zwei Körbe voll Steine. Dann musste ich viele Kisten durchwühlen, um meine Kerzengläser zu finden, da wir ein Kerzenritual geplant hatten. Der meiste Kram, der nicht lebensnotwendig war, ist nun seit September in Umzugskartons, da ich noch immer nicht zum Auspacken gekommen bin und nun auch erst wirklich Zeit habe, mich einzurichten, die restlichen Möbel aufstellen zu lassen usw. Außerdem ließ ich die zwei schönsten Fotos meines Mannes vergrößern und einrahmen.
Dann musste ich Musik aussuchen und sie auf eine CD brennen. Ich habe viele wunderschöne Lieder gefunden, doch meine Wahl ist auf 1. Der Weg von Grönemeyer und 2. Hinter dem Horizont von Udo Lindenberg gefallen.
Ja, und als der Tag endlich gekommen war, irgendwie ersehnt und gefürchtet zur gleichen Zeit, da war ich erstaunt über soviel Anteilnahme und Mitgefühl.
Ich glaube, es war die schönste Beerdigung, an der ich je teilgenommen habe, zumindest für meinen Geschmack.
Die Urne war super schön mit Blumen dekoriert. Ich hatte im Internet alle Bilder angeschaut und nur drei hatten mir halbwegs gefallen. Also habe ich diese ausgedruckt und daraus mit Hilfe der Floristin ein schönes Ganzes zusammengestellt. Zusätzlich gab es ein Moosherz mit einer künstlichen Rose, damit es länger hält und mehrere Gestecke von Firma, Sportkameraden usw. Doch nicht zuviel, da ich darum gebeten hatte, lieber dem Hospiz etwas zu spenden.

Die Trauerrednerin hat eine wundervolle Rede gehalten, die ich mit, beziehungsweise teilweise umgeschrieben hatte. So wusste ich, was auf mich zukommt und es war nicht ganz so schrecklich, nochmal Rückblick zu halten und außerdem hat es wirklich das Leben von J. widergespiegelt und nicht wie bei meinen Omas und meiner Mutter, gab es Details, die nicht stimmten oder etwas verzerrt waren. Zu jedem Lebensabschnitt haben ich und unsere vier Kinder jeweils eine Kerze angezündet. Umrahmt wurde die Rede von den beiden Musikstücken, das letzte wurde leider wegen einem technischen Fehler nur teilweise abgespielt, schade. Dann sind wir mit unseren zwei Steinkörben, einem Einer voll Blütenblätter und der Urne zum Grab gezogen. Es ist ein alter Friedhof, teilweise denkmalgeschützt, in dem wir einen der letzten Plätze bekommen haben.

Dort gab es noch einige Gedichte, Gebete, sowie eine Rede des Abteilungsleiters der Sportkameraden. Die Urne wurde aus dem Gesteck genommen und versenkt. Ich hatte eine silberne Kugel mitgebracht, die statt der Urne jetzt in seiner Mitte liegt. Ein endloser Zug von Menschen gab J. die letzte Ehre, warf Erde, Blütenblätter und halbgefrohrenes Wasser ins Grab und nahm sich einen Stein als Erinnerung mit.
Danach sind wir ins Café gegangen, um uns von dieser bitterkalten Beisetzung aufzuwärmen, bei der es glücklicherweise nicht geschneit oder geregnet hat und sogar kurz die Sonne gelacht hat.
Nach Kaffee und Kuchen gab es dann noch eine weitere Rede vom Chef von J. und eine Fotoshow, die meine Tochter vorbereitet hatte.
Ich habe mich sehr gefreut, dass so viele gekommen sind und auch einige von sehr weit her angereist waren, um sich zu verabschieden.

Ja, und nun ist es irgendwie vorbei und doch fängt eigentlich alles erst an. Ein ganz neuer Lebensabschnitt, bei dem ich noch nicht so wirklich weiß, was da auf mich zukommt, wie alles werden wird. Es gibt Tage, da bin ich zuversichtlich, mache schon neue Pläne, es gibt Tage, da ertrinke ich in Arbeit und habe keine Zeit, darüber nachzudenken und es gibt auch Tage, da überwiegt die Angst, ob ich es packe, auf eigenen Füßen zu stehen. Ich werde sehr unterstützt und schon allein dieses Wissen ist Gold wert.

Die nächsten Tage und Wochen werde ich mir möglichst viel Zeit nehmen, um zu trauern, denn ich weiß ja, wie schlimm es sein kann, wenn man Trauer verdrängt oder nicht zulässt. Doch es ist gar nicht so einfach, denn natürlich ist es nicht möglich, das willentlich zu steuern. Es überkommt mich wie Wellen, mal höher, mal niedriger, mal gar nicht spürbar.
Wie es sich anfühlt? Wie ein Stein, der meinen Brustkorb drückt, wie ein Druck hinter meinen Augen und wie etwas, das mir zeitweise den Hals zusammenschnürt.

Heute habe ich eine Sendung über das Leben mit Krebs angeschaut, dass ich bereits im November aufgenommen hatte und mit J. zusammen anschauen wollte. Doch wir sind dann nicht mehr dazu gekommen. Sie war sehr bewegend.
Nachtcafé - Diagnose Krebs - wie damit umgehen?
Diese Sendung endet mit folgendem Zitat:
„Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern dass man nie beginnen wird, zu leben.“ von Marcus Aurelius.
Ja, und das ist genau im Sinne von J. Er hat intensiv gelebt und den Tod nicht gefürchtet und er will, dass die Kinder und ich nun auch und vielleicht noch vermehrt, wieder beginnen, zu leben. Dabei muss ich allerdings aufpassen, dies nicht zu kompensieren und für J. mitzuleben! Denn ich neige dazu, etwas zu übertreiben und alles besonders gut machen zu wollen.
Was mir durch diese Sendung sehr bewusst geworden ist, dass ich dieses letzte halbe Jahr mit krank war. Das ist ein ganz neuer Aspekt, den ich erst mal überdenken muss, bevor ich dazu etwas schreibe. Aber eines ist gewiss: es ist wahr.



Herzlichst
Silke

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